Corona Lession learned: Wachstum mit Herz und Hirn

Corona hat nicht nur das Außen verändert, sondern bei vielen Menschen einen inneren Nachdenkprozess ausgelöst. Was kommt danach? Wie wollen wir weiter leben? Wollen wir ein veraltetes Wirtschaftssystem durch Shopping retten? Oder möchten wir unseren Kindern einen resilienten Planeten hinterlassen?  In welchen Bereichen möchten wir wachsen? Und in welchen Bereichen ist es an der Zeit, uns gesund zu schrumpfen? Und wie fühlt sich Wachstum mit Herz und Hirn eigentlich an?

Corona Lockdown: Selbstversorgung ohne Kaufrausch

Vor 10 Wochen wurden die Gehsteige weltweit hochgeklappt. Das öffentliche Leben, die Kinderbetreuung und die sozialen Kontakte kamen zum Erliegen. Corona stoppte unser Tun und brachte das Hamsterrad des wirtschaftlichen Wachstums zum Erliegen. Wir blieben zu Hause, betreuten die Kinder, kochten selber, reparierten unsere alten Sachen und tauschten mit unseren Nachbarn und Nachbarinnen Kinderschuhe, selbstgenähte Masken und frischgebackenen Kuchen. Wir hatten wenig Geld zum Leben. Wir brauchten wenig Geld zum Leben. Die Wiedereröffnung des Handels vor 4 Wochen noch vor den Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen irritierte uns. Wie sollten wir mit zwei Kleinkindern unter den Abstandsregelungen shoppen gehen? Und was wollten und konnten wir überhaupt kaufen? Irgendein Konsumgut würde unsere Lage nicht verbessern.

Corona Lockdown: Wünsche ans Christkind

Nach was wir uns sehnten als Familie in einer Wohnung in der Metropole Wien war Natur und Vogelgezwitscher und andere Kinder und Menschen zum Austauschen und Spielen. Und nach was ich mich sehnte als Sozialökologin, systemischer Coach und nachhaltige Unternehmensberaterin war ein Masterplan für einen zukunftsfähigen Wiederaufbau. Ich sehnte mich nach einem Hochklappen der Gehsteige gekoppelt mit einer Entsiegelung der dreckigen, heißen Asphaltflächen unter meinen Füßen. Einer veränderten Produktions- und Konsumlogik, die meinen Kindern, die beide im Jahr 2100 noch leben werden, ein friedvolles Leben auf einem intakten Planeten ermöglicht. Das hätten wir gebraucht. Das brauchen wir.

Wachstum für unsere Kinder um jeden Preis?

Letzte Woche lese ich in der Zeitung der Wiener Wirtschaft ein Gastkommentar vom Wirtschaftskammerpräsidenten: „Als Wirtschaftskammern vermitteln wir den Konsumentinnen und Konsumenten jetzt eine klare Botschaft: Konsumieren schafft Arbeit. Jeder und jede kann durch Konsum einen Beitrag für den Weg aus der Krise leisten. Das muss jetzt Konsens in ganz Österreich sein.“
Das lese ich so und mir wird übel. Eine Wirtschaft die zu Grunde geht, wenn wir den ganzen Trödel, den wir gar nicht brauchen nicht mehr kaufen, ist keine gute Wirtschaft. Vor allem nicht für unsere Kinder.
In einer Videokonferenz, bei der ich letzte Woche gemeinsam die Keynote hielt, hörte ich auf die Frage, wieso eigentlich unser Wirtschaftssystem sich von dem unendlichen Wachstumsgedanken nicht endlich verabschiedet, die Antwort: „Wir Menschen wollen unseren Kindern ein besseres Leben ermöglichen und ihnen mehr hinterlassen, als wir selber hatten. Drum ist es Antrieb der Menschen, wirtschaftlich stetig zu wachsen.“

Wachstum mit Herz und Hirn

Ja das ist, was mein Vater in den 1970er Jahren wollte. Aber das ist nicht, was ich im Jahr 2020 möchte. Ich habe bereits ein gutes Leben. Meine Kinder brauchen kein Meer an Konsumgütern. Wir gehen über an Spielzeug. Der Ozean geht über an Plastik. Was ich möchte ist, dass die Resilienz des Ökosystems Erde für meine Kinder erhalten bleibt. Und auch das bedeutet Wachstum. Aber nicht Konsumwachstum. Sondern Wachstum an Zeit und Selbstbestimmung, an Resilienz und Regionalität, an Vereinbarkeit und Chancengleichheit. Wachstum an qualitativ hochwertigen Produkten, Reparaturbetrieben, biologischen und pflanzlichen Lebensmitteln, öffentlicher Verkehrsinfrastruktur und erneuerbaren Energien.
Und dieses Wachstum geht mit einer Schrumpfung einher. Mit der Schrumpfung von Branchen, die Zukunft verhindern, Menschen und Kinder ausbeuten und unsere Lebensgrundlagen zerstören und mit einer Arbeitszeit- und Konsumreduzierung. Wenn wir möchten, dass unsere Kinder einmal ein gutes Leben haben, müssen wir das Tabu der Wirtschaftsschrumpfung brechen. Als Politikerinnen, als Unternehmer und als Menschen.

Schrumpfen wir uns gesund

Die Phase des Lockdowns ist vorüber. Die ersten Lockerungen sind in Kraft und der Kindergarten hat wieder offen. Wir umarmen wieder Menschen, Essen gemeinsam, laden andere Kinder ein und besuchen Omas und Opas auf dem Land. Das fühlt sich gut an. Und für den Moment auch ausreichend. Mehr brauchen wir nicht zum Leben. Nicht heute und nicht in einem Monat. Ich weiß wie so viele andere Menschen auch, dass wir, wenn wir weiter so haushalten wie vor der Corona-Krise, unseren Kindern ihre Lebensgrundlagen unwiederbringlich zerstören. Unsere Ahnen haben schlecht gewirtschaftet.
Für den Moment ziehen wir uns daher in unseren Mikrocosmos #coronaeltern zurück. Und ich lade die Schrumpfung ein, mit mir und meiner Familie den Sommer zu verbringen. Wir haben wenig Geld übrig. Wir investieren in unsere Regionen. Wir kaufen keinen Trödel. Wir haben uns. Und wir haben Freunde und Familie, die sich schon sehr auf uns freuen. Auf uns geplagte Stadtmenschen mit unseren kleinen Virenschleudern. Wir werden uns auf Herbergssuche begeben und Schwammerl und Beeren sammeln. Das wird eine feine Zeit.

Maria Lackner

Maria Lackner ist Unternehmensberaterin, Auditorin für das Gütesiegel Beruf und Familie, Prozessbegleiterin und systemische Coachin. Ihre Herzensthemen sind Effizienz, Resilienz, Vereinbarkeit und Nachhaltigkeit.

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