Teilzeit-Job + Teilzeit-Hausfrau = Vollzeitarbeit

"Das bisschen Haushalt macht sich von ganz allein, sagt mein Mann?" Sag mal geht's noch? In der andauernden Debatte um Teilzeitarbeit wird die Haushaltsführung völlig ignoriert. Kleine Kinder dürfen noch als Argument für eine Teilzeitanstellung herangezogen werden. Aber Haushaltsführung, Familienmanagement - was bitte ist das? Sieht anscheinend keiner, niemand redet darüber und in den meisten Fällen erledigen Frauen diese unbezahlten Arbeiten still und selbstverständlich oder es werden schlechtbezahlte Frauen dafür angestellt. Meine Oma war Putzfrau, meine Mama lange Jahre Hausfrau. Ich plädiere darum für mehr Anerkennung für den Job der "Hausfrau", und dafür muss zuerst einmal gesehen werden, was das Jobprofil einer Hausfrau überhaupt ist. Denn es ist mannigfaltig, kreativ und wichtig. Damit die Arbeit von Hausfrauen nicht mehr unsichtbar bleibt und Männer lernen, die Arbeiten in ihrem Haushalt selber zu übernehmen.
Geteilte Haushaltsführung
Ich bin selbstständig und arbeite ca. 30 Stunden pro Woche, mein Lebensgefährte ist ebenfalls mit 30 Stunden in Elternteilzeit. Wir sind eine Familie mit zwei Kindern im Alter von 4 und 7 Jahren. Und nein, die Lösung all unserer Probleme ist nicht eine Aufstockung der Kinderbetreuung und eine Vollzeitanstellung. Ganz im Gegenteil. Und das hängt gar nicht ausschließlich mit den Kindern zusammen, sondern auch mit der HAUSHALTSFÜHRUNG, die wir gemeinsam machen und die ZEIT braucht.
Unsichtbare Hausarbeit, unsichtbare Hausfrau
Medial wird vermittelt, dass wir, wenn wir unsere Kinder um 8.00 in die Betreuung bringen und um 17.00 wieder abholen, dazwischen fein Zeit hätten für eine Vollzeitanstellung. Dem ist aber nicht so, weil wir führen einen 4-Personen Haushalt und das braucht auch Zeit. Mein Vater war in meiner Kindheit Vollzeit außer Haus arbeiten und meine Mutter lange Jahre zuhause und später in Teilzeit selbstständig. Aber meine Mutter ist zuhause nicht am Sofa herumgelegen und hat sich die Nägel lackiert oder in der Nase gebohrt. Sie hat den ganzen Tag gearbeitet, wie mein Vater auch. Unbezahlt als Familienmanagerin und Hausfrau. All die Tätigkeiten der Haushaltsführung sind nach wie vor erschreckend unsichtbar in unserer Gesellschaft und kommen in der medialen Berichterstattung überhaupt nicht vor. Auch Hausfrauen und Hausmänner kommen nicht vor. Wieso ist das so? Wer bitte wäscht eure Wäsche und putzt euren Lebensraum? Wer managt alle privaten Angelegenheiten in der Familie, repariert defekte Dinge und entsorgt den Müll fachgerecht?
Was wir so tun, wenn wir einen Haushalt führen
Es ist nicht die Hauptaufgabe von mir und meinem Lebensgefährten, die Kinder in Schule und Kindergarten zu bringen und zu holen. Das ist ein winziger Bestandteil unserer unbezahlten Tätigkeiten im Familienverbund. Haushaltsführung in einem Mehr-Personenhaushalt bedeutet viel mehr als die Bring- und Holdienste der Kinder mit den Arbeitszeiten abzustimmen.
Und um all den unsichtbaren Tätigkeiten mal ein Gesicht zu geben und eine Vorstellung davon zu vermitteln, was wir tun, wenn wir gerade nicht vor dem Bildschirm oder in Meetings hocken, habe ich eine Liste erstellt. Auch weil ich mich geärgert habe, darüber, dass der damalige Beruf meiner Mutter als Hausfrau in der aktuellen Debatte durch seine Unsichtbarkeit derart abgewertet wird. Meine Mutter hat ihren Job als Hausfrau so leidenschaftlich, kreativ und professionell gemeistert: in jedem anderen Job wäre sie befördert worden. Als Hausfrau blieb ihre wertvolle Arbeit unsichtbar.
Was tun wir also alles in diesem Jahr bevor und nachdem wir die Kinder in Schule und Kindergarten gebracht haben? Bitte sehr: Zuerst die linke Spalte, dann die rechte Spalte lesen. Es ging nicht kürzer.
Haushaltsführung braucht Zeit
Und wenn man am Schluss angekommen ist, beginnt man noch einmal von vorne. Denn täglich grüßt das Murmeltier und jede Jahreszeit führt uns ihren ganz speziellen Reichtum und ihre Traditionen immer wieder vor Augen und jedes Jahrzehnt seine ganz besonderen Herausforderungen.
Schön, dass jetzt der Frühling kommt. Vorgestern haben wir Schneeglöckchen in den Kindergarten gebracht. Und gestern den ausgefüllten und mit den Nachbarinnen koordinierten Blackout Notfall Abhol-Maßnahmenplan für die Volksschule. Heute haben wir endlich einen Kaminofen aufgestellt, um mit Holz zu-heizen zu können. Und morgen wäre meine Mutter 70 Jahre alt geworden. Die beste Hausfrau, die ich je kennenlernen durfte. Und ich bin stolz auf sie und dankbar, dass ich von ihr lernen konnte. Und ich weiß, dass eine gute Haushaltsführung eines Mehr-Personen-Haushalts Zeit braucht. Zeit, die wir in einer Vollzeitanstellung nicht hätten.
Als Systemische Coachin begleite ich Menschen dabei, ihre Arbeitszeiten und Unternehmungen mit den aktuellen Rahmenbedingungen in ihrem privaten und beruflichen Umfeld vereinbar zu machen und der Resilienz die Türen zu öffnen. Denn diese werden wir brauchen in den Krisenzeiten unserer Zukunft.